12. Dezember 2016

Das Jahr 2016

Das Jahr 2016 hat mit dem Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18. 7. 2016 die längst überfälligen Weichen für den elektronischen Steuervollzug ab 2017 konkretisiert. Das sog. Risikomanagement der Finanzämter wird in § 88 Abs. 5 AO normiert und der vollständig automationsgestützte Erlass von Steuerbescheiden ist nunmehr in § 155 Abs. 4 AO gesetzlich verankert. Daneben regelt die AO mit der Bekanntgabe von Verwaltungsakten durch Bereitstellung zum Datenabruf in § 122a AO eine weitere Bekanntgabeform „zur Vermeidung von Medienbrüchen“ (vgl. BT-Drucks. 18/7457 S. 75). Wesentliche Änderungen erfahren z. B. auch § 149 AO (Abgabe von Steuererklärungen), § 152 AO (Verspätungszuschlag) und § 163 AO (abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen). Neue Änderungsnormen bietet das AO-Modernisierungsgesetz mit § 173a AO (Schreib- oder Rechenfehler des Stpfl. bei Erstellung einer Steuererklärung) und § 175b AO (Änderung von Steuerbescheiden bei Datenübermittlung durch Dritte). Insgesamt ist es leider nicht zu einer durchgreifenden Reform der AO gekommen. Die weiteren wirklich nahe liegenden Baustellen des Verfahrensrechts, wie z. B. die Verzinsung gem. § 233a AO (Seer, DStZ 2016 S. 605 und Beilage 2/2014 zu SteuerStud 10/2014 S. 3 [WAAAE-72812]) oder der uferlosen Ablaufhemmungen des § 171 Abs. 4 AO (abschreckend für einen Streitfall aus dem Jahre 1974 (!) BVerfG-Beschluss vom 21. 7. 2016 – 1 BvR 3092/15 [UAAAF-80295]), hat der Gesetzgeber aus fiskalischen Gründen nicht berücksichtigt. Zu den fortbestehenden Mängeln bei der verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2–7 AO vgl. zudem bereits Seer,SteuerStud 10/2016 S. 601 [XAAAF-81976].

Das Jahr 2016 wird aber auch durch den „Brexit“ in Erinnerung bleiben. Die Folgen für das Zollrecht, die indirekten Steuern, das Ertragsteuerrecht und die Vertragspraxis sind noch nicht abschließend vorhersehbar. Unabhängig von Brexit werden unionsrechtliche Entwicklungen nachhaltig die Steuerrechtsanwendung in Deutschland beeinflussen. So wird die anstehende Entscheidung des Großen Senats zur Besteuerung von „Sanierungsgewinnen“ die Aspekte des unionsrechtlichen Beihilferechts nicht unberücksichtigt lassen können (vgl. zur Sanierungsklausel bereits EuG-Urteil von 4. 2. 2016 – T-287/11 Fa. Heitkamp Bauholding GmbH [EAAAF-66134]). Die unionsrechtliche Rechtsprechung hat ohne dezidierte Vorgaben des Gemeinschaftsrechts das Ertragsteuerrecht als weiteren Harmonisierungshebel gesucht und gefunden.

Und auch um ein weiteres Thema ist das Jahr 2016 nicht verlegen: Die erneute Reform der Erbschaftsteuer durch das Gesetz zur Anpassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des BVerfG belegt in dieser Ausgabe ein Schwerpunktthema. Vom Schaubild des Monats [UAAAF-83840], einem Beitrag zu den neuen Verschonungsregeln für Einzelunternehmen [DAAAF-83837] und einer Übungsklausur zur Erbschaftsteuerreform 2016 [NAAAF-83838] – jeweils aus der Feder von Jörg Ramb – über ein Comic zur Erbschaftsteuerreform 2016 (Brunner/Heißler)[LAAAF-85330] bis hin zur gesonderten Beilage 3/2016 (Synopse bisheriger/neuer Gesetzestexte [EAAAF-83841]) finden Sie in dieser Ausgabe eine Vielzahl von weiterführenden Überlegungen zu dieser doch komplexen und unübersichtlichen Entwicklung der Erbschaftsteuer. Die verfassungsrechtlichen Überlegungen dürften mit dieser Neuregelung allerdings immer noch nicht ihren Abschluss gefunden haben.

Kategorien: Allgemein, AO, ErbSt | Keine Kommentare


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